
Wir sprechen im Interview mit Holger Cecco-Stark, dem Head of Facility & ECO-Management bei Bergzeit GmbH.
Holger, was bedeutet Nachhaltigkeit für dich persönlich?
Nachhaltigkeit ist für mich weit mehr als nur den Müll wieder mit ins Tal zu nehmen. Es geht in erster Linie um die persönliche Einstellung: Wie bewusst bin ich mir der Auswirkungen meines Handelns – auf die Natur, mein Umfeld und andere Menschen? Dieses Bewusstsein führt zu einem achtsamen Umgang mit Ressourcen und Mitmenschen.
Jede Handlung zählt. Es geht darum, nur das wirklich Notwendige zu konsumieren, möglichst wenig Abfall zu produzieren, unsere Spuren in der Natur so gering wie möglich zu halten und in Kreisläufen zu denken. Denn letztlich fällt alles, was wir tun, auf uns selbst zurück. Unternehmen haben einen viel größeren Hebel als einzelne Personen und sind gefordert ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Dabei sollte die Politik die notwendigen Leitplanken
setzen.
Was ist deine größte Sorge in Bezug auf Nachhaltigkeit?
Meine größte Sorge ist, dass es schon zu spät ist. Das größte Problem ist, dass wir uns immer weiter von der Natur entfernen. Wir sehen die Bergwelt oft nur als „Kulisse“ und verstehen uns nicht mehr als Teil von ihr. Irgendwann haben wir als Menschen angefangen, diesen Kontakt zu verlieren. Es geht oft nur noch um Leistung, neue Routen, den höchsten Berg zu erklimmen – höher, schneller, weiter, profitabler. Dabei übersehen wir, dass wir Mensch und Natur ausbeuten. Wir müssen einen Weg finden, unseren Ansprüchen gerecht zu werden, ohne dabei alles auszubeuten.
Gibt es Unternehmen, die für dich in Sachen Nachhaltigkeit ein Vorbild sind?
Zum Glück machen sich in der Outdoorbranche immer mehr Hersteller auf den Weg in eine nachhaltigere Zukunft. Besonders hervorheben möchte ich Vaude und Patagonia – beide gelten für mich als echte Vorreiter.
Patagonia beeindruckt nicht nur mit der Produktion langlebiger, hochwertiger und nachhaltiger Kleidung, sondern auch mit außergewöhnlichen, konsequenten Entscheidungen. Ein starkes Beispiel ist die legendäre „Don’t Buy This Jacket“-Kampagne zum Black Friday 2011, mit der das Unternehmen bewusst zum Umdenken im Konsumverhalten aufrief. Noch beeindruckender: Der Inhaber hat kürzlich sämtliche Stimmrechte an einen Trust übertragen – mit dem klaren Ziel, den Heimatplaneten zu schützen.
Wie lange ist Nachhaltigkeit schon Teil eurer Unternehmensphilosophie?
Nachhaltigkeit ist schon immer Teil unserer Unternehmensphilosophie. Schließlich sind die Berge und die Natur unsere Lebensgrundlage – auch für unser Geschäftsmodell. Ohne Berge, keine Zeit in den Bergen, kein Bergzeit. Aber es geht noch tiefer: Bei Bergzeit arbeiten Menschen, die naturverbunden sind und diese auch schützen wollen.
Wie seid ihr in Sachen Nachhaltigkeit organisiert?
2017 haben wir die erste Stelle für Nachhaltigkeit geschaffen. Damals war das Thema noch nicht so präsent wie heute, und anfangs wussten wir auch gar nicht genau, welche Aufgabenbereiche diese Stelle haben würde. Es ging zunächst um unser eigenes Unternehmen – Strom sparen, Wasserverbrauch reduzieren, Dienstreisen minimieren. Wir haben ein Umweltmanagementsystem eingeführt und arbeiten seitdem mit EMAS. Parallel haben wir begonnen, auch in unserem Produktportfolio Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen und verstärkt mit nachhaltigen Marken zusammenzuarbeiten.
Wann habt ihr eure erste CO2-Bilanz erstellt und warum?
Unsere erste CO2-Bilanz haben wir 2020 für das Berichtsjahr 2019 erstellt. Wir wollten wissen, wo wir in Sachen Emissionen stehen und welche Bereiche besonders kritisch sind. Nur so konnten wir überprüfen, ob unsere Maßnahmen tatsächlich wirken und in welchem Umfang.
Wie seid ihr damals bei der CO₂-Bilanzierung vorgegangen?
Wir haben zunächst mit einem Wettbewerber von GLOBAL CLIMATE gearbeitet. Doch deren SaaS-Lösung hat uns nicht überzeugt. Es war sehr intransparent, wie die Bilanz erstellt wurde, und es wurde mit pauschalen Durchschnittswerten gearbeitet, was zu ungenauen Daten führte – gerade bei der Mitarbeitermobilität. Daher haben wir dann alles nochmal manuell in Excel gemacht. Das war zwar transparenter, aber auch extrem arbeitsaufwändig und fehleranfällig.
Wann kam GLOBAL CLIMATE ins Spiel?
In dieser Phase habe ich Altan Günsoy, den Geschäftsführer von GLOBAL CLIMATE, kennengelernt. Zu der Zeit haben wir gerade eine Mitarbeiterumfrage durchgeführt, um herauszufinden, wie unsere Mitarbeiter zur Arbeit kommen – ein entscheidender Faktor für unsere Emissionen. GLOBAL CLIMATE hatte gerade ein entsprechendes Tool in der Entwicklung, und so haben wir zusammengefunden. Das Tool von GLOBAL CLIMATE ist sehr präzise und arbeitet nicht mit Annahmen oder Durchschnittswerten.
Welche Daten habt ihr mit GLOBAL CLIMATE erhoben?
Wir haben alle Daten erfasst, die zu einer klassischen CO2-Bilanzierung gehören, also sämtliche Scope 1, 2 und 3 Emissionen. Besonders überzeugt hat uns, dass die Daten transparent und nachvollziehbar waren und wir unsere bereits vorhandenen Finanz- und Buchhaltungsdaten nutzen konnten, um die Emissionsberechnungen durchzuführen.
Wie unterstützt euch GLOBAL CLIMATE?
GLOBAL CLIMATE bietet mit der GLOBAL SUITE eine All-In-One-Lösung für das gesamte Nachhaltigkeitsmanagement. Wir haben mit der CO2-Bilanzierung begonnen und bereiten jetzt die doppelte Wesentlichkeitsanalyse für die CSRD vor, da wir ab 2026 berichtspflichtig sind. Das Tool hilft uns dabei, komplexe Prozesse nachvollziehbar zu dokumentieren, und ist bei jährlichen Wiederholungen eine enorme Hilfe.
Welche Vorteile bietet die Software?
Ein großer Vorteil ist die Möglichkeit, automatisiert Fragebögen im Rahmen der Stakeholder-Analyse zu verschicken und die Antworten direkt im System zu speichern. So haben wir einen klaren Überblick darüber, welches Feedback welcher Stakeholder gegeben hat. Auch das Punktesystem zur Festlegung relevanter Themen ist hilfreich – besonders, weil Wirtschaftsprüfer sich die Ergebnisse im Detail ansehen werden.
Welche Erkenntnisse zieht ihr aus der CO2-Bilanzierung?
Durch die CO2-Bilanzierung können wir die Verursacher unserer Emissionen identifizieren. Innerhalt unserer gewählten Systemgrenzen haben die Scope-3 Emissionen den größten Anteil. Darin wiederum ist die Anreise der Mitarbeitenden der größte Emissionstreiber. Diese Emissionen versuchen wir durch verschiedene Maßnahmen zur reduzieren. So haben wir Jobrad eingeführt, bezuschussen das Deutschlandticket mit 50% und haben eine großzügige Richtlinie zum mobilen Arbeiten. Seit einigen Wochen haben wir eine Mitfahrbörse gestartet, die sich großer Beliebtheit erfreut.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass wir in Gesprächen mit unseren Herstellern weniger über Preise und Kollektionen und mehr über Nachhaltigkeit sprechen.
Was ist deine Vision für Bergzeit?
Meine Vision, nicht nur für Bergzeit, ist, dass man über Nachhaltigkeit nicht reden muss, sondern nachhaltiges Handeln eine Selbstverständlichkeit ist. Alle Unternehmen handeln nachhaltig und sämtliche Produkte sind unter Rücksichtnahme auf die Natur und die beteiligten Menschen produziert. Jeder kauft nur das was er benötigt, und sämtliche Abfälle gelangen in einen endlosen Kreislauf. Ich fürchte der Weg dahin ist steinig und weit.
Was treibt dich persönlich an?
Mich treibt die Schönheit und Vielfalt unserer Welt an. Ich möchte, dass auch zukünftige Generationen diese Schönheit erleben können. Dafür lohnt es sich, sich einzusetzen.
Holger, vielen Dank für das inspirierende Gespräch!